Die Einzigartigkeit der Überlieferung der Bibel

Woher wollen wir eigentlich, dass wir heute den Text haben, der vor zwei oder drei Jahrtausenden niedergeschrieben wurde? Vor der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg 1455 mussten die Bücher ja alle von Hand abgeschrieben werden. Man könnte also durchaus fragen, ob es da nicht wahrscheinlich ist, dass mehr und mehr Verfälschungen in den Text gekommen sind.

Ein spezieller Bereich der theologischen Forschung beschäftigt sich daher ausschließlich damit, wie der Originaltext der Bibel ausgesehen hat. Diese Fachleute bestätigen die Zuverlässigkeit der biblischen Überlieferung, denn von der Bibel existieren mehr Handschriften, als von zehn willkürlich ausgewählten klassischen Werken zusammen. Wenn man von einem antiken Werk fünf oder zehn Handschriften hat, gilt dieses Werk als gut belegt. So sind zum Beispiel von Caesars Gallischem Krieg („De Bello Gallico“) nur zehn Manuskripte überliefert worden – das früheste datiert um 900 n. Chr. und wurde damit fast 1.000 Jahre nach Cäsars Lebzeit geschrieben. Allein vom Neuen Testament kennen wir jedoch über 5.000 griechische Manuskripte, dazu viele Tausend Handschriften von Übersetzungen und Tausende von Zitaten bei Autoren der frühen Kirchengeschichte. Vom Alten Testament existieren zwar weniger Manuskripte, aber diese wurden dafür noch sorgfältiger überliefert. Bis zur Zeit des Humanismus im 15. Jahrhundert lag die Überlieferung in Händen der Juden (Masoreten), die nach einem äußerst strikten System höchsten Wert auf eine getreue Abschrift des Textes legten.

Die Genauigkeit des Textes ist dementsprechend frappierend: Im ganzen Neuen Testament gibt es maximal zehn bis zwanzig Verse, von denen man nicht exakt weiß, wie sie lauten. Ihr theologischer Inhalt wird dadurch aber nicht angetastet. Bei säkularen klassischen Werken sind im Vergleich oft Hunderte von Stellen unklar und entstellt überliefert. In punkto Überlieferung ist die Bibel absolut vertrauenswürdig.


vgl. Klaus Schmidt, Bibelübersetzer