Warum kam Gott selbst auf die Erde?

In Jesus Christus wurde Gott Mensch, um uns Menschen zu retten. Aber wieso kam er persönlich, obwohl er doch der Herrscher über die gesamte Schöpfung ist? Wieso schickte er nicht jemanden an seiner Stelle? Die nachstehende Geschichte gibt Antwort:


Ein mächtiger indischer Maharadscha hatte einen Minister, der hieß Kamaraschi. Er war ein blitzgescheiter und beliebter Mann. Kamaraschi führte sein Amt sehr zuverlässig aus. Doch leider hatte er deshalb auch viele Neider. Besonders seit er Christ geworden war. Das gefiel auch dem maharadscha nicht. Denn an seinem Hof waren alle Hindus. Er wollte Kamaraschi wegen seines Glaubens an Jesus Christus entlassen, obwohl er den Minister sehr schätzte.

Aber unbekümmert sprach Kamaraschi weiter von Gottes Liebe zu uns Menschen. Er konnte nicht davon schweigen, dass Gott in Jesus Christus auf diese Welt kam, um uns von Schuld und Tod zu erlösen.

Der Maharadscha ärgerte sich über diesen aus seiner Sicht „dummen“ Glauben. Er konnte die Botschaft nicht verstehen. Er sagte: „Wenn ich will, dass etwas geschehen soll, klatsche ich in die Hände – und meine Diener tun sofort, was ich befehlte. Wie viel mehr ist das bei Gott so! Warum sollte der große Gott, der König aller Könige, selbst in die Welt kommen? Das ist doch lächerlich! Er könnte doch einen Engel senden.“

Dann fügte er ernst hinzu: „Kamaraschi, wenn du die Antwort auf diese Frage weißt, werde ich dich nicht entlassen. Also: Warum sollte Gott selbst in die Welt kommen, um uns zu retten? Das ist doch seiner unwürdige!“

Daraufhin sagte der Minister: „Geehrter Maharadscha, bitte geben Sie mir einen Tag Zeit, dann werde ich Ihnen gewiss antworten.“

Nur ein Nicken mit geschlossenen Augen war die Antwort. Da verneigte sich der Minister vor dem Maharadscha und verließ den Palast. Er hatte nämlich eine sehr gewagte Idee. Eilig ging Kamaraschi zu einem Puppenschnitzer und bat ihn, dringend eine Figur zu schnitzen, die genauso aussah wie das Kind des Mahardscha.

In dieser Nacht nähte die Frau des Ministers Kleider, die so aussahen wie die Kleider von Maraganda, dem Sohn des Maharadschas. Auch Kamaraschi tat in dieser Nacht kein Auge zu. Er betete zu Gott um Weisheit und überlegte immer wieder seinen Plan…

Am nächsten Morgen machte der Maharadscha seine allmorgendliche Bootsfahrt auf dem Ganges. Wie immer waren alle Minister mit an Bord der Barkasse. Auch Kamaraschi, der Minister, der Christ geworden war. Sollte das heute seine letzte Bootsfahrt sein?

Kamaraschi hatte seine Frau angewiesen, sich am Ufer des Flusses in der Nähe des Palastes im Schilf zu verstecken. Dort sollte sie abwarten, bis die fürstliche Barkasse vorüberkäme.

Als nun das Boot gemächlich den Ganges hinabschipperte, hörte man plötzlich ein lautes Platschen und Gurgeln. Erschrocken drehten alle ihre Köpfe zu der Uferstelle direkt beim Palast. Was war geschehen? Alle reckten ihre Hälse. Doch die würdigen Männer im Boot sahen nur noch, wie eine kleine Gestalt im Wasser versank.

Offenbar war ein kleines Kind in den Fluss gestürzt! Auch der Maharadscha sah den kleinen Körper fallen und untergehen. Ohne mit der Wimper zu zucken, warf er seinen Umhang ab und sprang über Bord. Mit hastigen Zügen schwamm er zu dem ertrinkenden Kind. Er war sich sicher: Das war sein zweijähriger Sohn Maraganda!

Aber was war das? Verblüfft stellte er fest, dass es nur eine täuschend echt aussehende Puppe war. wer hatte den Maharadscha nur so hinters Licht geführt? Wer hatte ihn da so plump getäuscht?

Zunächst wurde der Maharadscha furchtbar zornig. Hatte er sich nicht vor allen seinen Ministern blamiert? Doch dann beugte sich Kamaraschi über den Bootsrand und sagte: „Mein Maharadscha, warum sind Sie selbst ins Wasser gesprungen? Warum haben Sie nicht mich oder einen der Diener oder einen der Ruderer geschickt? Ein Wort Ihrer Majestät hätte doch genügt.“

Da wich der Zorn aus dem Gesicht des Maharadschas. Er hatte Kamaraschis Frage, die eine Antwort war, verstanden. Er ließ die Puppe los, ließ sich zurück ins Boot ziehen und antwortete: „Es ist das Herz eines Vaters, das so handeln muss.“

Da nickte der weise Kamaraschi lächelnd und sagte: „Ja, es ist das Herz eines Vaters, das so handeln muss. Und so hat auch Gott sich nicht damit zufrieden gegeben, uns Menschen nur einen Engel oder einen Boten zu senden. In seiner unendlichen Liebe kam er selbst, um uns zu retten.

Im Propheten Jesaja – in der Bibel, dem heiligen Buch der Christen – steht es geschrieben: ‚Sagt zu denen, die zaghaften Herzens sind: … fürchtet euch nicht! Siehe, euer Gott kommt … Er selbst kommt und wird euch retten‘ (Jesaja 35,4).“

Da verstand der Maharadscha, warum Kamaraschi diesen Gott so liebte. Er entließ seinen Minister nicht. Kamaraschi diente seinem Herrn noch viele Jahre.


Diese Geschichte hat der indische Prediger Sadhu Sundar Singh erzählt. Zeigt sie uns nicht wunderbar: „Es ist das Herz eines Vaters, das so handeln muss“? Die Bibel erklärt uns in 2. Korinther 5,19, „dass Gott in Christus war, um die Welt mit sich selbst zu versöhnen“. In Jesus hat uns Gott besucht, gesucht und gerettet. Gott hat uns so lieb, dass er nicht im Himmel bleiben konnte.


Andreas Fett, „NeihWachten“, CLV 2019, S. 17-21