Doch Jesus schwieg. Da sagte der Hohe Priester zu ihm: „Im Namen des lebendigen Gottes, sage uns, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.“ Jesus erwiderte: „Es ist, wie du sagst. Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten Gottes sehen, auf dem Platz der Macht, und ihr werdet sehen, wie er auf den Wolken des Himmels wiederkommen wird.“ Da zerriss der Hohe Priester zum Zeichen seines Abscheus sein Gewand und rief aus: „Gotteslästerung! Wozu brauchen wir noch weitere Zeugen? Ihr alle habt seine Gotteslästerung gehört! Was ist euer Urteil?“ Sie riefen: „Schuldig! Er muss sterben!“
Die Bibel, Matthäus 26,63-66
Hier haben wir den Moment in der Verhör von Jesus vor dem Hohepriester, der zu seiner Verurteilung und Kreuzigung geführt hat. Aber was genau ist hier passiert?
Nachdem der Hohepriester und der Hohe Rat stundenlang versucht haben, Jesus mit Hilfe von falschen Zeugen irgendeine Anklage unterzuschieben, über die sie ihn zum Tode verurteilen könnten, mussten sie sehr frustriert gewesen sein, denn obwohl da ja schon bezahlte Lügner waren, die falsche Anklagen vorbrachten, wurden sie sich doch nicht einig. Jesus schwieg einfach und sie brachten es nicht fertig, ihn über irgendetwas übereinstimmend anzuklagen.
Dann stellt der Hohepriester Jesus eine direkte Frage. Sie dreht sich aber nicht darum, was er getan oder nicht getan hat, sondern er fragt nach seiner Identität. Er fragt aber nicht einfach, „Wer bist du?“, sondern er fragt sehr spezifisch.
„Der Christus“ ist der von Gott verheißene Retter, auf Hebräisch „Messias“, dem Gott im Alten Testament unter anderem eine ewige Königswürde über die ganze Menschheit zuspricht. Gleichzeitig fragt der Hohepriester auch, ob Jesus der „Sohn Gottes“ ist, denn aus dem Alten Testament ist klar, dass der Christus auch der Sohn Gottes sein muss. Sohn Gottes bedeutet aber, dass er selbst Gott ist.
Die Antwort von Jesus ist sehr deutlich. Im Prinzip sagte er einfach: „Ja, ich bin Gott“ und fügt noch ein Zitat aus dem Alten Testament hinzu, das seinen Anspruch, Gott zu sein, auf so deutliche Weise unterstreicht, dass auch der letzte im Raum ohne Zweifel sicher wissen konnte, was er hier sagt. Die Anklage, auf deren Basis hier der Tod von Jesus beschlossen wurde, ist also seine Behauptung, Gott zu sein.
Am Kreuz würden sie Jesus genau damit dann auch noch verspotten:
Gleicherweise spotteten aber auch die obersten Priester samt den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: „Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten! Ist er der König Israels, so steige er nun vom Kreuz herab, und wir wollen ihm glauben! Er hat auf Gott vertraut; der befreie ihn jetzt, wenn er Lust an ihm hat; denn er hat ja gesagt: Ich bin Gottes Sohn!“
Die Bibel, Matthäus 27,41-43
Gottes Plan war aber ein anderer. Jesus war nicht in die Welt gekommen, um es bequem zu haben, sondern die Sündenschuld der Menschheit mit seinem eigenen Leben zu bezahlen. Er hat es nicht nötig, den Forderungen dreister Menschen nachzugeben, um sich zu beweisen – sondern wir haben es nötig, uns von ihm aus unserer Schuld und Verlorenheit retten zu lassen.
Den Beweis seiner Gottheit erbrachte Jesus nicht, indem er den Tod vermied, sondern indem er starb und am dritten Tag nach seinem Tod den Tod außer Kraft setzte und wieder zum Leben auferstand.
Wenn du Zweifel daran hast, dann lies eins der Evangelien, zum Beispiel Matthäus, und schau dir an, wie verzweifelt und verängstigt die Jünger von Jesus nach seinem Tod waren. Sie rechneten nicht mit seiner Wiederauferstehung und waren dabei, sich zu verstecken oder in ihre alten Leben zurückzukehren. Wäre Jesus nicht wiederauferstanden, hätte es das Christentum nie gegeben!
