Der Tag nach der Kreuzigung Jesu war ein dunkler Tag, nicht nur im buchstäblichen Sinn. Der Himmel hatte sich am Karfreitag verfinstert aber noch düsterer war die Stimmung in den Herzen seiner Jünger. Alles, woran sie geglaubt hatten, alles, wofür sie ihr altes Leben zurückgelassen hatten, war in einem einzigen, grausamen Augenblick zerbrochen. Jesus Christus, ihr Lehrer und Meister, war tot. Der, der mit einer Autorität sprach, wie es kein Mensch je getan hatte. Der, der Kranke heilte, Tote auferweckte und mit einer Liebe handelte, die göttlich war. Er war am Kreuz gestorben und lag nun kalt in einer Felsengruft.
Seine Jünger hatten begonnen, sich zu verstreuen. Petrus, der Jesus so treu hatte begleiten wollen, hatte ihn nach der Verhaftung dreimal aus Angst verleugnete. Andere standen im Begriff, sich still aus dem Staub zu machen. Zwei von ihnen würden am Folgetag auf dem Weg nach Emmaus diese Worte über Jesus sprechen, die die kollektive Enttäuschung der Jünger perfekt zusammenfassten:
„Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde.“
Die Bibel, Lukas 24,21
„Wir hofften“ – in der Vergangenheitsform. Sie hatten große Hoffnung in Jesus gesetzt aber mit seinem Tod war das alles zerbrochen. Sie waren zerbrochen – und nun irgendwie zurück auf dem Weg in ihr altes Leben.
Hier stellt sich eine entscheidende Frage. Wir wissen, dass sich das Christentum ab Pfingsten explosionsartig in Jerusalem und später vom östlichen Mittelmeerraum aus in ganz Rom und darüber hinaus verbreitete. Trotz schärfster Verfolgung war dieser neue Glauben nicht zu stoppen. Und dieser entmutigte Haufen Jünger, die kurz nach der Kreuzigung noch hoffnungslos, unendlich traurig und orientierungslos waren, würden als die zwölf Apostel mutig und vollmächtig die gute Botschaft von Jesus Christus predigen. Sie würden trotz Anfeindungen, Verfolgung, falschen Anschuldigungen, Schlägen, ungerechtfertigten Gefängnisstrafen und Mordanschlägen weitermachen – und elf von den zwölf Aposteln würden am Ende für ihren Glauben den Märtyrertod sterben. Wie also konnte aus dieser entmutigten, verängstigten und zerstreuten Gruppe von Menschen innerhalb kürzester Zeit eine Bewegung entstehen, die das Römische Reich herausforderte, das Judentum erschütterte und bis heute die Welt verändert? Wie konnten einfache Fischer, Zöllner – gewöhnliche Menschen also – zu mutigen Zeugen werden, die bereit waren, alles – sogar ihr Leben – für ihren Glauben zu geben? Warum begannen sie, den am Kreuz gestorbenen Jesus als die größte Hoffnung der Welt zu predigen?
Die Antwort liegt nicht in menschlichem Mut oder einem cleveren Plan. Die Antwort liegt in dem, was Jesus selbst seinen Jüngern immer wieder angekündigt hatte:
„Als sie nun ihren Weg durch Galiläa nahmen, sprach Jesus zu ihnen: Der Sohn des Menschen wird in die Hände der Menschen ausgeliefert werden, und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er auferweckt werden.“
Die Bibel, Matthäus 17,22-23
Jesus hatte seinen eigenen Tod am Kreuz und seine Wiederauferstehung vorhergesagt. Hätte er nicht Wort gehalten, wäre auch nichts aus dem Christentum geworden. An der Tatsache, wie seine Jünger sich schlagartig veränderten, können wir ablesen, dass irgendetwas außergewöhnliches passiert sein musste, denn aus ihrer Angst wurde große Freude, aus ihren Zweifeln wurde eine unerschütterliche Überzeugung und aus Verstecken wurde Verkündigung.
Was denkst du, hat die Jünger so verändert?
Was denkst du, ist die treibende Kraft hinter der Entstehung und Ausbreitung des Christentum?
„Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. Glaubst du das?“
Die Bibel, Johannes 11,25-26