„Aus den Tiefen rufe ich, Herr, zu dir!“
Die Bibel, Psalm 130,1
Es war kurz nach dem Krieg. Vor einem großen Mietshaus spielten Kinder. Da kam die Frage auf, wer wohl am weitesten sehen könne. Der Junge aus dem ersten Stock sagte, er könne die Felder am Rand der Stadt sehen. Das Mädchen aus dem zweiten Stock behauptete, sie könne sogar den Deich sehen. Und der Junge, der im dritten Stock wohnte, trumpfte auf, er könne sogar die Schiffe auf dem Meer hinter dem Deich sehen. Nur die Tochter des Hausmeisters, die im Keller wohnte, schwieg. Schließlich sagte sie leise: „Mein Bett steht ganz nah am Fenster. Und wenn es abends dunkel wird, kann ich die Sterne sehen.“
Viele Menschen wollen hoch hinaus, wollen die Größten, Schönsten, Schnellsten, Reichsten oder Berühmtesten sein. Aber wie oft landen sie hart auf dem Boden der Tatsachen, finden sich wieder im „Keller des Lebens“ mit Versagen, Unrecht und Schuld. Doch wenn sie jetzt ihren Blick nach oben richten, wenn sie sich aus der Tiefe zu Gott wenden und mit Ihm über ihre Lage, ihre Not und den Schutt ihres Lebens reden – dann werden sie erfahren, dass Gott hört und hilft.
Sie werden erfahren, was der Dichter hier in seinem Lied (Psalm 130) beschreibt: Er ruft aus der Tiefe hinauf zu Gott, er ist sich seiner vielen Ungerechtigkeiten bewusst und er weiß, dass Gott seine Sünden nicht übersehen wird. Dann aber stellt er – fast triumphierend – fest: „Doch bei dir ist Vergebung.“
Er erinnert sich: „Bei dem Herrn ist die Güte“ und „viel Erlösung ist bei ihm“ (Verse 4.7). Wenn das mal nicht befreiende Tatsachen sind! Und die können auch Menschen des 21. Jahrhunderts noch erleben.
„Denn du, Herr, bist gut und zum Vergeben bereit und groß an Güte für alle, die dich anrufen.“
Die Bibel, Psalm 86,5